Dritte Begegnungsveranstaltung
Am 22. Mai fand die dritte Begegnungsveranstaltung von „Zeit der Solidarität“ im Nachbarschaftshaus Urbanstraße statt. Es war erneut eine schöne Gelegenheit, die in den letzten Monaten geleistete Arbeit vorzustellen und Begegnungen zu ermöglichen. Außerdem konnten wir Jens Aldag und Natalija Miletic von der Berliner Kältehilfe, Kati Becker vom Berliner Register, und vor allem die Mitglieder der Union für Obdachlosenrechte Berlin (UfO Berlin) willkommen heißen. Die Veranstaltung wurde von Uwe Mehrtens (Mitglied der Union für Obdachlosenrechte Berlin) und Stella Kunkat (Projektreferentin bei „Zeit der Solidarität“) moderiert. In der Pause konnten wir im Garten des Nachbarschaftshaus Urbanstraße, Dank der Unterstützung durch die Berliner Obdachlosenhilfe, frisch gekochtes Essen genießen!
Vorstellung der Ergebnisse: Fokusgruppen zum Thema Notübernachtungen
Erster Programm Punkt war die Präsentation von Bálint Vojtonovszki (Projektleiter von „Zeit der Solidarität“) über die Ergebnisse der „Zeit für Gespräche“ Fokusgruppen zum Thema Notübernachtungen. Von Februar bis Mai 2023 fanden 11 Fokusgruppengespräche an 9 verschiedenen Standorten der Wohnungsnotfallhilfe statt. Ziel war es, vielfältige Perspektiven obdachloser Menschen einzubeziehen und ihre Erfahrungen sowie Verbesserungsvorschläge zum Thema Notübernachtungen zu sammeln. Insgesamt nahmen 43 Menschen an den Fokusgruppen teil.
Den Teilnehmenden wurden die folgenden drei Fragen gestellt:
- Haben Sie schlechte Erfahrungen mit den Notübernachtungen in Berlin gemacht? Wenn ja, welche?
- Können Sie positive Erfahrungen nennen?
- Was für Verbesserungsvorschläge bezüglich der Notübernachtung Einrichtungen für die Mitarbeitenden und Leitungen haben Sie?
Negative Erfahrungen wurden dreimal häufiger genannt als positive. Häufig genannte Herausforderungen betrafen das Personal, die Atmosphäre, gesundheitliche Fragen, Regeln, Einlasskriterien, Diebstahl und Öffnungszeiten. Weitere Themen waren Gewalt, Barrierefreiheit, Rassismus, Sprachbarrieren, Hygiene, Ausstattung und Tierhaltung.
Positive Erfahrungen wurden vor allem mit dem Personal, der Sicherheit, dem Standort und der Versorgung gemacht.
Verbesserungsvorschläge betrafen das Personal, längere Öffnungszeiten, Barrierefreiheit, kleinere Einrichtungen, Spezialisierung, mehr Angebote, bessere Ausstattung und den Abbau von Sprachbarrieren. Personal und Öffnungszeiten wurden als Schlüsselbereiche für Verbesserungen identifiziert.
Einen vollständigen Bericht über die Ergebnisse werden wir bis Ende Juni 2023 veröffentlichen.
Vorstellung des Positionspapiers zur Qualitätsentwicklung von Kältehilfe-Notübernachtungen
Anschließend stellten Jens Aldag und Natalija Miletic von der Koordinierungsstelle der Berliner Kältehilfe das aktuelle Positionspapier zur Qualitätsentwicklung und den Anforderungen an Kältehilfenotübernachtungen (KHNÜ) vor. Das Papier legt Empfehlungen an die Senatsverwaltung und wurde von der AG „Qualitätsentwicklung Kältehilfe“ erstellt. Es fordert niedrigschwellige Angebote ohne Mitwirkungs-, Ausweis- oder Auskunftspflichten sowie Toleranz gegenüber Alkoholisierung und Hygiene. Barrierefreie Angebote und niedrigschwellige Informationen werden bevorzugt. Der Aufenthalt in KHNÜ sollte nicht befristet sein und lange Öffnungszeiten werden empfohlen. Es wird empfohlen, die Aufnahme von Personen während der gesamten Nacht zu ermöglichen und mit Kälte- und Wärmebussen zusammenzuarbeiten. Die Verfügbarkeit von freien Plätzen sollte transparent gemacht werden, Überbelegungen vermieden werden und das Personal qualifiziert sein. Sicherheitsmaßnahmen sollten ergriffen werden. Das Positionspapier soll als Leitlinie zur Verbesserung der Kältehilfenotübernachtungen dienen.
UfO Berlin hatte in den letzten Monaten zwei seiner obdachlosen Aktivistinnen zu einem Treffen der AG Qualitätsentwicklung gesandt, um Forderungen aus Perspektive von Betroffenen in das Positionspapiers einfließen zu lassen. Auf die Bedeutung der Einbeziehung von Betroffenen in solche Entscheidungsprozesse haben Mitglieder der UfO Berlin bei der Veranstaltung erneut hingewiesen.
Vorstellung der Union für Obdachlosenrechte Berlin
Nach der Pause wurde die Union für Obdachlosenrechte Berlin von zwei Mitgliedern, Dietlind Schmidt und Susanne Hinneberg, zum ersten Mal offiziell vorgestellt. Die UfO Berlin ist eine Gruppe, die sich seit Dezember 2022 regelmäßig trifft. Sie besteht hauptsächlich aus Menschen mit Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit sowie Freiwilligen, Gemeinwesenarbeiter:innen, Aktivist:innen und Dolmetscher:innen. Die Gruppe hat das Ziel, über die Probleme obdachloser Menschen zu diskutieren und Verbesserungen für ihre Lebensbedingungen zu erarbeiten. Sie haben bereits verschiedene Aktivitäten durchgeführt, darunter eine Aktionswoche, eine Kundgebung und die Begleitung von Beschwerden gegen Diskriminierung in Notübernachtungen.
Damit die UfO Berlin weiterarbeiten kann und zukünftig vielleicht auch auf eigenen Beinen stehen kann, haben wir eine Crowdfunding Kampagne organisiert, wo du ab sofort eine Spende machen kannst!
Jetzt spenden auf https://www.betterplace.org/de/projects/122642-union-fuer-obdachlosenrechte-berlin!
Alma Fried von radioeins hat einen Beitrag über unsere Veranstaltung durchgeführt, in dem sie die Union für Obdachlosenrechte Berlin präsentiert und zwei Aktivist:innen mit Obdachlosigkeitserfahrung, Uwe Mehrtens und Dietlind Schmidt, interviewt hat. Der Beitrag ist kurz, aber prägnant und kann hier angehört werden.
Thementische rund um Obdachlosigkeit in Berlin
Schließlich haben wir uns auf drei Thementische im schönen Garten des NHU aufgeteilt und über drei Themen diskutiert und Ideen dazu gesammelt:
- Die Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe – wie kann die Realität von Zuständen sichtbar gemacht werden?
- Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum – wie kann gegen defensive Architektur vorgegangen werden?
- Gewalt und Diskriminierung gegen obdachlose Menschen
Die gesammelten Ideen wurden dann in einem gemeinsamen Abschlussmoment geteilt und werden Grundlage für die weitere Arbeit der UfO Berlin sein.